Mittwoch, 16. Juni 2004
Onkel Harry
Onkel Harry wohnte im achten Stock, weil im siebten schon jemand anders wohnte.
Er hatte eine schöne Wohnung - mit Zimmern drin und Wänden an den Seiten.
Es grenzte aber nicht nur ein Zimmer an das andere, sondern schon fast an Wahnsinn,
wie viele Bilder seine Nägel zierten. Auch schöne Radierungen hatte er –
besonders in den Geschäftsbüchern, wie er oft scherzhaft zu bemerken liebte.
Von seiner Frau, meiner Tante Luise, sagte er immer, ihre Eltern hätten,
als sie noch ein Baby war, sehnsüchtig darauf gewartet, dass sie endlich sprach –
nun wartete er ebenso sehnsüchtig darauf, dass sie endlich einmal damit aufhöre!
Alle liebten Onkel Harry, weil er humorvoll war, und unzählbar waren seine Freunde, solange er Geld besaß. Bevor er völlig verarmt in seinem Rauchzimmer - er nannte es so,
weil dort der Ofen immer so rauchte - starb, schrieb er doppelzüngig in sein Tagebuch:
„Ich hatte mehr Freunde, als ich verdiente!“

Heinz Erhardt

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Liebe Laura,
den Anfang des Textes kannte ich schon (ich liebe auch Heinz Erhard sehr) aber den Schluss noch nicht. Den letzten Satz las ich zweimal, und ließ ihn mir auf der Zunge zergehen. - Der Mann war spitze. Brachte alles pointiert auf den Punkt. Ich habe erst vor kurzem im Fernsehen gesehen, dass er ein Perfektionist in der Hinsicht war. Er probierte, bis alles perfekt passte.

Liebe Grüße von Irmgard

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„Ich hatte mehr Freunde, als ich verdiente!“
Das sagt Heinz Erhardt

Liebe Irmgard, das ist aber auch ein schwieriger Satz, da muss man
erst einmal nachdenken!

Ein freundschaftlicher Gruß

Laura

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