Samstag, 24. Januar 2004
Die Nachtigall
Die Nachtigall

Das macht, es hat die Nachtigall
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall,
Da sind in Hall und Widerhall
Die Rosen aufgesprungen.
Sie war doch sonst ein wildes Kind;
Nun geht sie tief in Sinnen,
Trägt in der Hand den Sommerhut
Und duldet still der Sonne Glut,
Und weiß nicht, was beginnen.
Das macht, es hat die Nachtigall
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall,
Da sind in Hall und Widerhall
Die Rosen aufgesprungen.
Theodor Storm (1817 - 1888)

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Die ganze Welt ist jetzt, o weh,
Winter.

Du lieber Frühling! Wohin bist du gegangen?
Noch schlägt mein Herz, was deine Vögel sangen.
Die ganze Welt war
wie ein Blumenstrauß,
längst ist das aus!
Die ganze Welt ist jetzt, o weh,
Barfüßle im Schnee.
Die schwarzen Bäume stehn und frieren,
im Ofen die Bratäpfel musizieren,
das Dach hängt voll Eis.
Und doch: bald kehrst du wieder,
ich weiß, ich weiß!
Bald kehrst du wieder,
o nur ein Weilchen,
und blaue Lieder
duften die Veilchen!
(Arno Holz)

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Von den Sehnsüchten der Menschen
Von den Sehnsüchten der Menschen
singt der Wind ein Lied;
von den Träumen der Menschen
schweigt der Sternenhimmel
und jede Schneeflocke
gleicht einer nicht geweinten Träne
die vollkommene Stille,
der wir uns nur ganz selten stellen
ist erfüllt von ungesagten Worten
nicht gezeigten Gesten
verdrängten Liebeserklärungen
unausgesprochenen Verwunderungen,
in dieser vollkommenen Stille
liegt unsere Wirklichkeit verborgen,
"Deine und Meine!"

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Träume die, die Sehnsucht wecken
Träume die, die Sehnsucht wecken,
schön und süß und sehr geheim,
träumen, um dann zu entdecken,
so schön kanns nie im Leben sein.
Träume, die dir alles geben,
die Erfüllung , Glück und Leid,
träumen, um im echten Leben
zu vergessen Raum und Zeit.
Träume die dir auch verheißen,
alles was du dir erträumst,
die dir jene Richtung weisen,
die im Leben du versäumst.

Träume, die dir niemals sagen
das, was du nicht hören willst,
die dich nie nach etwas fragen,
nach dem, was du nicht wirklich fühlst.
Träume die dir nur dir gehören,
kost sie aus, so gut es geht,
sollst dich nie dagegen wehren,
sehr schnell ist es dafür zu spät.......

Monika Wegscheider

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Jede Mauer
Jede Mauer hat irgendwo ein Ende,
Jeder Berg lässt sich irgendwie umgehen,
Über jeden Fluss führt irgendwann eine Brücke,
Irgendwo wird immer das Wort Hoffnung stehen.

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Fällt das Leben einmal schwer
Fällt das Leben einmal schwer

Fällt dir das Leben einmal schwer,
probiere ein bisschen,
einen Clown nachzumachen,
der in seinem Herzen weint
und dennoch lachend für ein Kind
auf der Geige spielt,
um so von den Tränen
seines Herzens geheilt zu werden.
(Phil Bosmans)

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Lausche stets auf die Welt
Lausche stets auf die Welt,
wie ein Kind, das über alles staunt.
Hege ein Gefühl der Liebe

und Bewunderung
für die gesamte Schöpfung,
vom winzigsten Grashalm

bis zum entferntesten Gestirn.
So wirst du die
verloren gegangene Harmonie
wieder finden.

(indianische Weisheit)

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Blauer Schmetterling
Blauer Schmetterling

Flügelt ein kleiner blauer
Falter vom Wind geweht,
Ein perlmutterner Schauer,
Glitzert, flimmert, verweht.

So mit augenblickswinken,
So im Vorüberwehn,
Sah ich das Glück mir winken,
Glitzern, flimmern, vergehn.

(Hermann Hesse)

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Das arme Dorfschulmeisterlein
Das arme Dorfschulmeisterlein

In einem Dorf im Schwabenland,
da lebt uns allen wohlbekannt,
da wohnt in einem Häuschen klein
das arme Dorfschulmeisterlein

Am Sonntag ist er Organist,
am Montag fährt er seinen Mist,
am Dienstag hütet er das Schwein,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Am Mittwoch fährt er in die Stadt
und kauft was er zu kaufen hat;
‚nen halben Hering kauft er ein,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Am Donnerstag dann in der Schul’
legt er die Buben übern Stuhl.
Er haut so lange, bis sie schrein,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Am Freitag dann im Unterricht
erzählt er von der Weltgeschicht
und paukt die Jahreszeiten ein,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Am Samstag schließlich sind noch dann
Vokabeln und Grammatik dran;
er quält die Buben mit Latein,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Und wenn im Dorfe Hochzeit ist,
dann könnt ihr sehen, wie er frisst.
Was er nicht frisst, das steckt er ein,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Und wird im Dorf ein Kind getauft,
dann könnt ihr sehen, wie er sauft.
Elf Halbe schüttet er sich ein,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Und wird im Dorf ein Schwein geschlacht,
dann könnt ihr sehen wie er lacht.
Die größte Wurst ist ihm zu klein,
dem armen Dorfschulmeisterlein.

Und wird im Dorf ein Haus gebaut,
dann könnt ihr sehen wie er klaut;
den größten Balken schleppt er heim,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Und wenn die Schule einmal brennt,
dann könnt ihr sehen, wie er rennt;
die nächste Ecke rennt er ein,
das arme Dorfschulmeisterlein.

Text mündlich überliefert

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Der kluge Prophet
Der kluge Prophet

Ein Fröschlein sitzt im Schilf und Rohr
und lugt zum Himmelszelt empor,

wie es dort mit dem Wetter steht.
Der Frosch ist, laut Beruf, Prophet.

Bei Regen oder Sonnenschein
ist es sehr leicht, zu prophezein,

doch ist das Wetter ungewiss,
traut selbst ein Frosch der Sache miss.

Auf alle Fälle sagt er sich:
Das Wetter ist »veränderlich«
.
Das macht nicht klüger und nicht dümmer,
der gold'ne Mittelweg stimmt immer.

Fred Edrikat

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Geschenktes Lächeln
Dein Gesicht wird dir geschenkt,
lächeln musst du selber.

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Der Garten des Herrn Ming von James Krüss
Der Garten des Herrn Ming
Im stillen Gartenreiche
Des alten Gärtners Ming,
Da schwimmt in einem Teiche
ein Wasserrosending.
Den alten Ming in China
Entzückt sie ungemein,
Er nennt sie Catharina,
Chinesisch: Ka-Ta-Rain.
Mit einer Pluderhose
Und sehr verliebtem Sinn
Geht er zu seiner Rose
Am Rand des Teiches hin.
Er singt ein Lied und fächelt
Der Rose Kühlung zu.
Die Rose aber lächelt
Nur für den Goldfisch Wu ....

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Gartenidylle
Ferientag eines Unpolitischen
Der Postbeamte Emil Pelle
Hat eine Laubenlandparzelle,
Wo er nach Feierabend gräbt
Und auch die Urlaubszeit verlebt.
Ein Sommerläubchen mit Tapete,
Ein Stallgebäude, Blumenbeete.
Hübsch eingefaßt mit frischem Kies,
Sind Pelles Sommerparadies.
Zwar ist das Paradies recht enge
Mit fünfzehn Meter Seitenlänge;
Doch pflanzt er seinen Blumenpott
So würdig wie der liebe Gott.
Im Hintergrund der lausch'gen Laube
Kampieren Huhn, Kanin und Taube
Und liefern hochprozent'gen Mist,
Der für die Beete nutzbar ist.
Frühmorgens schweift er durchs Gelände
Und füttert seine Viehbestände.
Dann polkt er am Gemüsebeet,
Wo er Diverses ausgesät.
Dann hält er auf dem Klappgestühle
Sein Mittagsschläfchen in der Kühle.
Und nachmittags, so gegen drei,
Kommt die Kaninchenzüchterei.
Auf einem Bänkchen unter Eichen,
Die noch nicht ganz darüber reichen,
sitzt er, bis daß die Sonne sinkt,
Wobei er seinen Kaffee trinkt.
Und friedlich in der Abendröte
Beplätschert er die Blumenbeete
Und macht die Hühnerklappe zu.
Dann kommt die Feierabendruh.
Er denkt: Was kann mich noch gefährden!
Hier ist mein Himmel auf der Erden!
Ach, so ein Abend mit Musik,
Da braucht man keine Politik!
Die wirkt nur störend in den Ferien,
Wozu sind denn die Ministerien?
Die sind doch dafür angestellt,
Und noch dazu für unser Geld.
Ein jeder hat sein Glück zu zimmern.
Was soll ich mich um andre kümmern?
Und friedlich wie ein Patriarch
Beginnt Herr Pelle seinen Schnarch.
(Erich Weinert)

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Schnee ist gefallen
Der Schneemann



Steh, Schneemann, steh!
Und bist du auch von Schnee,
So bist du doch ein ganzer Mann,
Hast Kopf und Leib und Arme dran,
Und hast ein Kleid, so weiß und rein,
Kein Seidenzeug kann weißer sein:
Du stehst so stolz und fest und breit
Als wär' es für die Ewigkeit. -
Steh, Schneemann, steh! -
Wenn ich dich recht beseh':
So fehlt dir nichts auf weiter Welt
Du hungerst nicht, sorgst nicht um Geld.
Ich glaub' auch, dass dich gar nichts rührt,
Und wenn es Stein und Beine friert;
Der Frost, der andre klappern lässt,
Der macht dich erst recht hart und fest -

Steh, Schneemann, steh!
Die Sonne kommt, Juchhe!
Jetzt wirst du erst recht lustig sein! - -
Was ist denn das? Was fällt dir ein?
Du leckst und triefst ohn' Unterlass,
o Schneemann, Schneemann, was ist das?
Das schöne warme Sonnenlicht,
Der Menschen Lust erträgst du nicht?

Weh, Schneemann, weh!
Du bist doch nichts als Schnee!
Dein Kopf war dick, doch nichts darin,
Dein Leib war groß, kein Herz darin,
Und das, was andre fröhlich macht,
Hat dir, du Wicht, nur Leid gebracht.
Ich glaub', ich glaub', manch Menschenkind
Ist grade so wie du gesinnt:
Schnee, nichts als Schnee!

Robert Reinick 1805 -1852

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Tief wie das Meer
Tief wie das Meer
Den Himmel berühren
die Sterne dir
zum Frühstück servieren
die Welt dir zu Füssen legen
die Spitze des Eisbergs vergeben
das Salz auf deinen Händen schmecken
dich mit Zärtlichkeiten bedecken
Haut auf Haut spüren
dich zärtlich berühren
ein Diamant des Glücks
für dich schmieden
Pläne machen und versieben
ein Stück Weg mit dir gehn
dein Haar dabei leuchten sehn
an unsere Zukunft glauben
mir den Verstand dabei rauben
dein Lachen auf meiner Seele hören
ich werd dir immer gehören
Im Geben und Nehmen leben
dem Leben Sinn geben
all das
so oft
so stark
so sehr
einfach:
dich lieben
so tief wie das Meer

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Eine kleine Maus
Eine kleine Maus
Gerade komme ich in Düsseldorf an,
da treffe ich eine kleine,
ganz arme Kirchenmaus,
nein,
es ist eher eine Bahnhofsmaus,
arm ist sie auf jeden Fall, denn
sie ist nicht größer
als der kleine Finger.
Der Bahnhof ist menschenleer,
ich fahre abwärts
auf der Rolltreppe,
das Mäusekind versucht es aufwärts,
doch es gelingt nicht.
Das Mäuschen rennt
immer in Fahrtrichtung nach oben.
Es ist schon ganz konfus.
Das Tierchen ist schon einem
Herzinfarkt nahe.
Die Panik ist ausgebrochen,
es rennt, es rennt
hüpft und springt und das doch immer
auf der Stelle.
Da muss ich helfen,
ich bin aber gar kein Mäusefreund,
ich werde auch schon langsam panisch.
Jetzt hat es die kleine Maus geschafft,
sie kriegt die Kurve und rennt
durch das große Glasgebäude
auf den Ausgang zu.
Ich wünsche der kleinen Maus noch alles
Gute, ein langes Leben und viele Kinderchen,
da ist sie auch schon verschwunden.
Hannelore Lüdtke

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Nur singen.....träumen......Lachen.........
Nur singen ... träumen... lachen ...
allein sein
und frei leben
mit fester Stimme klaren falten Blick
im Lichte der Freiheit schwärmen.
An Blumen… Früchten... selbst an Blättern sich erfreuen
den Schlapphut übermütig im Genick
und je nach Laune reimen oder raufen,
Nur singen, wenn Gesang im Herzen wohnt
nicht achtend Geld oder Ruhm
mit flottem Schwung arbeiten
an der Reise... nach dem Mond.
Wenn dann bescheidener Sieg dir glückt
dann darfst du König sein in deinem Reiche,
statt zu schmarotzen.
Und dein Schicksal sei
wenn du der Buche nachstrebst und der Eiche
nicht hoch zu wachsen
… aber dafür rank und frei.

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Ich träumte einmal
Ich träumte einmal
ich wäre ein Schmetterling,

aber ich frage mich,
ob ich nur ein Mensch bin,

der geträumt hat,
ein Schmetterling zu sein,

oder ein Schmetterling,
der jetzt träumt

ein Mensch zu sein.
(Dschuang Dsie)

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