Hexennacht
Das Brauchtum hier in unserem Dorf
hat eine lange Tradition.
Die Jugend stellt den Maibaum auf,
schmückt ihn bis in die Spitzen,
mit Bändern bunt, aus Stoff, Papier,
ein Strohkranz drauf, welch eine Zier.
Es weht ein lauer Abendwind,
ein reges Treiben, die Nacht beginnt.
Hexen, sie tanzen und singen laut,
auf einem Bein um's Feuer.
Die Kirchenuhr schlägt Mitternacht,
im Dorf da ist es nicht geheuer.
Es rumpelt und pumpelt,
es rasselt, es knarrt,
die Hexen, sie hexen gar schwer.
Sie rollen, sie schieben, tragen und biegen
verschiedene Dinge mal kreuz und mal quer.
Jede r verriegelt, verrammelt die Türen,
sitzt still hinterm Ofen auf der Lauer.
Doch Hexen sind schlau,
das weiß man genau,
sie klettern über Zäune und Mauern.
Man hört sie nur, kann sie nicht seh'n
in dieser Hexennacht,
so wird manch' Gegenstand bei Nacht
doch heimlich fortgebracht.
Da ertönt der erste Hahnenschrei,
die Hexennacht ist jetzt vorbei.
Der Dorfplatz gleicht einem wüsten Gelage,
heut hier am ersten Maientage.
Ein altes Wasserfass,
ein Gartentürchen an der Linde,
ein Karren mit Mist, ein Bett aus alter Eiche,
es konnte nicht, das sieht man hier,
der Hexennacht entweichen.
(Manfred Ulrich, Neroth)
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