Eins und alles
Eins und alles
Meine Liebe ist groß
wie die weite Welt,
und nichts ist außer ihr,
wie die Sonne alles
erwärmt, erhellt,
so tut sie der Welt von mir!
Da ist kein Gras,
da ist kein Stein,
darin meine Liebe nicht wär,
da ist kein Lüftlein
noch Wässerlein,
darin sie nicht zög einher!
Da ist kein Tier
vom Mücklein an
bis zu uns Menschen empor,
darin mein Herze
nicht wohnen kann,
daran ich es nicht verlor!
Meine Liebe ist weit
wie die Seele mein,
alle Dinge ruhen in ihr,
sie alle, alle,
bin ich allein,
und nichts ist außer mir!
Christian Morgenstern
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Die Affen
Der Bauer sprach zu seinem Jungen:
»Heut in der Stadt, da wirst du gaffen.
Wir fahren hin und sehn die Affen.
Es ist gelungen
Und um sich schiefzulachen,
Was die für Streiche machen
Und für Gesichter,
Wie rechte Bösewichter.
Sie krauen sich,
Sie zausen sich,
Sie hauen sich,
Sie lausen sich,
Beschnuppern dies, beknuppern das,
Und keiner gönnt dem andern was,
Und essen tun sie mit der Hand,
Und alles tun sie mit Verstand,
Und jeder stiehlt als wie ein Rabe.
Paß auf, das siehst du heute.« -
»O Vater«, rief der Knabe,
»Sind Affen denn auch Leute?« -
Der Vater sprach:»Nun ja,
Nicht ganz, doch so beinah.«
Wilhelm-Busch
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Du mußt das Leben nicht verstehen
Du mußt das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und laß dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.
Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.
Rainer Maria Rilke
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Herbst des Jahres - Herbst der Jahre
Herbst des Jahres - Herbst der Jahre
Du, Erde, trägst die nasse Last des Herbstes,
der Jahre Fülle - reife, lange Zahl.
Du gilbst die Buche – und mein Haar, du färbst es
und bleichst das Morgenlicht in nebelgrau und fahl.
Du dämpfst und dringst mit traurigen Gedanken
mir mitten in die Seele ein,
bringst Baum und Dach bis in das Mark zum Wanken,
wehst tote Blätter über frierendes Gestein.
Doch plötzlich öffnest du den Wolkenhimmel,
blickst blauen Auges in das triste Grau.
Frechkeck geworden dreht der Wind Gewimmel
aus Blättern golden, violett und blau.
Du, Erde, schenkst die Fülle später Jahre,
auch warmer Sonne gold´nen Glanz.
Du senkst ins Herz das Klare und das Wahre
erfüllest dankbar mir die Seele ganz.
rsch
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Abendlich schon rauscht der Wald
Aus den tiefsten Gründen,
Droben wird der Herr nun bald
An die Sternlein zünden.
Wie so stille in den Schlünden,
Abendlich nur rauscht der Wald.
Alles geht zu seiner Ruh.
Wald und Welt versausen,
Schauernd hört der Wandrer zu,
Sehnt sich recht nach Hause.
Hier in Waldes stiller Klause,
Herz, geh endlich auch zur Ruh.
Joseph von Eichendorff
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