Die Stadt
Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.
Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohn' Unterlass;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.
Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.
Theodor Storm
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Die Schaukel
Auf meiner Schaukel in die Höh,
was kann es Schöneres geben!
So hoch, so weit! Die ganze Chaussee
und alle Häuser schweben.
Weit über die Gärten hoch, juchhee,
ich lasse mich fliegen, fliegen;
und alles sieht man, Wald und See,
ganz anders stehn und liegen.
Hoch in die Höh! Wo ist mein Zeh?
Im Himmel! Ich glaube, ich falle!
Das tut so tief, so süß dann weh,
und die Bäume verbeugen sich alle.
Und immer wieder in die Höh,
und der Himmel kommt immer näher;
und immer süßer tut es weh -
der Himmel wird immer höher.
Richard und Paula Dehmel
Aus: Zauberwort
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LEBEN IST NICHT GENUG
sagte der Schmetterling,
Sonnenschein, Freiheit
und eine kleine Blume
gehören auch dazu.
(Hans Christian Andersen)
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POESIE
Poesie ist wie ein Duft,
der sich verflüchtigt
und dabei in unserer Seele,
die Essenz
der Schönheit zurücklässt.
(Jean Paul)
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Das Segel
Weiß glänzt auf blauer Wasserwüste
ein Segel fern am Himmelsrand.
Was sucht es an der fremden Küste?
Was ließ es an der Heimat Strand?
Schrill pfeift der Wind, die Wellen schäumen,
und knarrend biegt sich Mast und Spriet.
Es jagt nicht nach des Glückes Träumen,
nicht Glück ist es, wovor es flieht.
Hoch über ihm der Sonne Gluten,
und unter ihm rauscht blau das Meer,
doch trotzig sucht es Sturm und Fluten,
als ob in Stürmen Ruhe wär'.
Michail Lermontow 1832
Übersetzt von Maximilian Schick
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An den Mond
Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;
Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
über mein Geschick.
Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud' und Schmerz
In der Einsamkeit.
Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd' ich froh;
So verrauschte Scherz und Kuß
Und die Treue so.
Ich besaß es doch einmal,
was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!
Rausche, Fluß, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu!
Wenn du in der Winternacht
Wütend überschwillst
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.
Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,
Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.
(Johann Wolfgang von Goethe)
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